Tirol muss Geschlechter-Gerechtigkeit forcieren

Forderungen von feministischen Frauenorganisationen

anlässlich der Landtagswahl 2022 für die 385.077 Frauen in Tirol

Beim Lesen der Forderungen mag der Gedanke aufkommen, sie seien alt(bekannt). Sind sie. Und das bedeutet, es braucht Handlungen: jetzt. Mit diesem Schreiben fordern Tiroler Frauen*organisationen zum Umdenken und Umlenken des Frauen*politischen Geschehens auf – im Wahlkampf, während der nächsten Legislaturperiode und nachhaltig darüber hinaus.

Egal ob regierend oder in der Opposition, es muss sich was ändern, denn Frauen machen 50,7% der Tiroler Bevölkerung aus und von Investitionen in Geschlechtergerechtigkeit profitieren alle Menschen.

Arbeit und Gehalt

Finanzielle Unabhängigkeit bedeutet weniger Abhängigkeitsverhältnisse und damit auch weniger Gewalt. Deswegen braucht es jetzt:

  1. Volle Lohntransparenz durch eine detaillierte Aufgliederung aller betrieblichen Einkommensberichte in sämtliche Gehaltsbestandteile.
  2. Die verpflichtende Erstellung konkreter Maßnahmenpläne zum Abbau von Einkommensdifferenzen bei gleichwertiger Arbeit von Unternehmen, deren Einkommensberichte geschlechterdiskriminierende Unterschiede aufweisen.
  3. Wir fordern die Selbstbestimmung von Sexarbeitenden durch die Ermöglichung von Hausbesuchen.
  4. Verpflichtende Gender & Diversity Fortbildungen für sämtliche Organisationen oder Unternehmen, die Förderungen oder Gelder aus öffentlicher Hand erhalten.
  5. Förderprogramme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  6. “Väterkarenz” ausbauen und fördern.

Expertinnen* Organisation: Frauen* im Brennpunkt, iBUS

Bildung & Chancen

Bildung wird als Lebenslanger Prozess gesehen und sollte von Beginn an bis zur Erwachsenenbildung als wesentlicher Einflussfaktor einer geschlechtergerechteren Gesellschaft mitbedacht werden. Was es jetzt in Tirol braucht:

  1. Regelmäßige Gleichstellungsberiche.
  2. Kinderbetreuung bedeutet (Bildungs-)Chance für Kinder und Frauen*: Die Rufe kommen aus allen Richtungen und auch aus feministischer Perspektive: ganzjährige, ganztägige, inklusive, qualitativ hochwertige, kostenfreie und flächendeckende Kinderbetreuung für alle von 0 bis 14 Jahre.
  3. Gewaltprävention als zentrales Bildungselement in allen Schulen sowie den Ausbau von geschlechtssensiblen, inklusiven Ansätzen und von Ganztagsformaten im Pflichtschulbereich.
  4. Ausbau von Deutschkursangeboten für Frauen* mit einem kritisch- emanzipatorischen Ansatz und mit professioneller Kinderbetreuung sowie den Ausbau von ergänzenden niederschwelligen Lernangeboten z.B. Frauencafés, Lernnachmittage etc.
  5. Verpflichtende Fortbildungen zu geschlechtersensibler Pädagogik in allen öffentlich geförderten Einrichtungen.
  6. Förderung von Initiativen, Projekten und Einrichtungen im Bereich der Erwachsenenbildung, die traditionell-konservative Geschlechterrollenbilder zur Diskussion stellen und im Bereich der Bildungsarbeit auf eine geschlechtergerechte Gesellschaft hinarbeiten.
  7. Mädchen*arbeit absichern.

Expertinnen* Organisation: Frauen aus allen Ländern, Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft – AEP, Aranea

Wohnen und Armut

Frauen sind häufiger am Wohnungsmarkt benachteiligt und leben häufiger von Armut bedroht oder betroffen. Was es jetzt braucht

  • Finanzielle Absicherung von Frauen und aktiven Maßnahmenplan zur Vorbeugung von Altersarmut von Frauen.
  • Einfachen und schnellen Zugang zu gefördertem Wohnraum für Frauen

Expertinnen Organisation: DOWAS für Frauen

Frauengesundheit

Strukturelle Benachteiligung von Frauen* zeigt sich deutlich im Bereich von Gesundheit. Was es jetzt braucht

  1. Zugang zu weiblichen Gynäkologinnen* mittels Kassenleistung oder über Ambulanzen in jedem Bezirk, für jede Frau* in Tirol.
  2. Kinderbetreuung in den Psychosozialen Zentren, bis die allgemeine Forderung von Kinderbetreuung flächendeckend installiert ist.
  3. Kostenlose Verhütungsmittel und eine deutliche Ausweitung der Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche auf jedes Bezirkskrankenhaus.

Expertinnen* Organisationen: Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch

Sexismus in Tirol

Sexismus ist Teil einer patriarchalen, gewaltfördernden Struktur in Tirol von der bedeutend häufig Frauen betroffen sind. Was es jetzt braucht:

  1. Ein öffentliches Bekenntnis aller Politiker*innen in Tirol sich gegen Gewalt an Frauen* und Mädchen* einzusetzen.
  2. Einen Maßnahmenplan basierend auf den Studienergebnissen, der vom Land Tirol beauftragten „Sexismus Studie“ unter Einbeziehung von Expertinnen*.
  3. Investitionen in Projekte und Initiativen mit dem Schwerpunkt der Sensibilisierung gegenüber sexistischen, traditionell-konservativen Geschlechterkonstruktionen (feministische Basisbildung).
  4. Anti-Gewaltarbeit, die in Täterarbeit investiert und Opferschutz garantiert.
  5. Ausfinanzierung von Frauen*- und Mädchen*beratungsstellen; Ausbau der Frauenberatung und Erweiterung des bestehenden Angebotes inklusive Ausbaus des niederschwelligen Beratungsangebotes, inklusive Rechtsberatung, verstärkt im ländlichen Raum, auch mehrsprachig, idealer Weise mobil und aufsuchend.
  6. Frauen*quoten in Landtag, öffentlichem Dienst, Gemeinderäten.
  7. Investitionen in Geschlechter*gerechtigkeit, denn ohne diese gibt es keine Gewaltfreiheit.

Expertinnen* Organisation: Frauenhaus Tirol, Frauen gegen VerGEWALTigung