Antwort der Liste Mattle (ÖVP) zum AEP Fragenkatalog
Welchen Stellenwert nimmt eine emanzipatorische Frauenpolitik im Programm Ihrer Partei ein? Was sind dabei die zentralen Punkte?
Liste Mattle: Wir in der Volkspartei gehen streng nach dem Reißverschlussprinzip vor. Auf jede Frau folgt ein Mann und umgekehrt, in manchen Bezirken kandidieren sogar zwei Frauen hintereinander. Wichtig für uns ist es, dass wir Frauen motivieren in die Politik zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. Dafür machen wir immer wieder Veranstaltungen und Schulungen speziell für Frauen, die sich für Politik interessieren. Auch unser Frauenorganisation hat sich schon im Gemeindewahlkampf dafür stark gemacht, dass es zumindest in jedem Bezirk eine Bürgermeisterin geben soll. Zugegeben da ist noch viel Luft nach oben! Bei den Landtagswahllisten ist es unserem Spitzenkandidaten Anton Mattle zwar gelungen mehr Frauen als Männer auf den Listen der Tiroler Volkspartei zu platzieren. Bei den SpitzenkandidatInnen haben wir zugegebenermaßen noch Aufholbedarf. Wir gehen aber Schritt für Schritt in die richtige Richtung.
Selbst bestimmen: Wie wollen Sie sicherstellen, dass Mädchen* und Frauen* frei von Zwängen und unabhängig über ihre Sexualität und ihren Körper aufgeklärt werden und über ihre Körper selbst bestimmen können?
Insbesonders: Wie steht Ihre Partei zu:
• Verankerung und Finanzierung von zeitgemäßer Bildung zu den Themen Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft in Schulen und Bildungseinrichtungen
Liste Mattle: Aufklärung und Wissen sind der Schlüssel in allen Lebensbereichen. Daher muss auch dieses Themengebiet einen entsprechenden Platz in den Lehrplänen haben und finanziert werden.
• staatlich finanzierte, rechtlich abgesicherte, anonyme und kostenfreie Beratungsstellen in ausreichender Zahl zu Sexualität, Geschlechtsidentität, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch
Liste Mattle: Gerade dieser Bereich ist leider nach wie vor oft ein Tabu-Thema. Es müssen daher anonyme und kostenfreie Beratungsstellen zur Verfügung gestellt werden und das nicht nur in der Landeshauptstadt.
• gratis in Beratungsstellen zur Verfügung gestellte Verhütungsmittel
Liste Mattle: Ja
• volle Kostenübernahme von Schwangerschaftstests, Verhütungsmitteln, die eine ärztliche Untersuchung und Beratung voraussetzen, sowie von Schwangerschaftsabbrüchen durch Krankenkassen
Liste Mattle: Gerade bei Verhütungsmitteln wie der Pille oder anderen hormonellen Verhütungsmitteln sollen diese jedenfalls nur rezeptgebührpflichtig sein. Auch in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche muss eine Übernahme der Kosten diskutiert werden. Grundsätzliche darf keine Frau, die sich dazu entschließt, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen, diese mangels finanzieller Ressourcen nicht vornehmen lassen können.
• Angebot und Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in allen öffentlichen Krankenanstalten. In Tirol haben Frauen aktuell nur eine einzige Möglichkeit (ein frei niedergelassener Arzt).
Liste Mattle: Die ressortzuständige Gesundheitslandesrätin ist hier bereits in entsprechenden Gesprächen, die mit MedizinerInnen und Beratungsstellen geführt wurden. Dahingehend wurde z.B. festgestellt, dass die teilweise kolportierte Zahl an Abbrüchen wesentlich zu hoch sein dürfte. Der von Ihnen angesprochene einzige Arzt ist hier eng eingebunden und kann die Situation aus langer Erfahrung fundiert beurteilen. Klar ist, das Angebot muss der Nachfrage entsprechen, und jene Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, sollen auch bestens medizinisch betreut werden, dabei darf der Aspekt einer offenen und verlässlichen Beratung nicht vergessen werden.
3. Gewalt verhindern: Jede fünfte Frau* über 15 ist in Österreich von körperlicher Gewalt betroffen und sogar fast drei Viertel von sexueller Belästigung. Um diese untragbaren Zustände zu beenden, braucht es rasch eine Offensive für Gewaltschutz und -prävention. Was ist Ihr Konzept für Gewaltschutz und Gewaltprävention?
Liste Mattle: Gerade im Bereich Gewaltschutz braucht es entsprechende Anlaufstellen. In Tirol gibt es
- das Gewaltschutzzentrum Tirol gegen Gewalt in den Familien
- Die Kampagne „Gewaltfreie Erziehung“
- Eine Landesenquete – Gewalt und Gewaltprävention für Menschen mit Behinderung
- Es gibt einen Gewaltschutzplan
Was auch hier enorm wichtig sein wird, ist das Thema “Gewalt” auch in den Schulen entsprechend zu platzieren und dort zu sensiblisieren. Gerade junge Menschen müssen früh genug abgefangen werden, damit das Thema Gewalt in ihren Alltag keinen Einzug nehmen kann.
4. Schutz gewähren: Laut Istanbul-Konvention sollte es in Tirol 75 Plätze in Frauenhäusern geben, vorhanden sind jedoch nur 39. Im Tiroler Oberland ist die Situation noch dramatischer. Was sind Ihre Vorhaben, hier Verbesserungen auf den Weg zu bringen?
Liste Mattle: Unseres Wissens stehen in den beiden Frauenhäusern 47 Plätze zur Verfügung. Im Tiroler Oberland wird es bald ein Frauenhaus geben. Die Finalisierung läuft auf Hochtouren. Leider wird sich die Eröffnung auf Grund von krisenbedingten Lieferschwierigkeiten bei Baustoffen und wegen dem verspäteten Auszug der vorherigen BewohnerInnen verzögern. Die Eröffnung sollte aber jedenfalls noch heuer erfolgen.
5. Macht teilen: Wie wollen Sie sicherstellen, dass Frauen* an den Entscheidungstischen in Wirtschaft und Politik angemessen dh ihrem Anteil in der Bevölkerung repräsentiert sind?
Liste Mattle: Das ist immer wieder eine Frage der Quoten. Obwohl es nicht sehr gerne gehört wird, ist es wohl das einzige Mittel, das garantiert, dass Frauen in dem Anteil, in dem sie in der Bevölkerung repräsentiert werden, Positionen bekommen. Außerdem ist es wichtig, dass Frauen Vorbilder haben, damit sie gestärkt werden und sich zutrauen Verantwortung zu übernehmen. Natürlich gibt es schon Frauen, die bereits an diesen Tischen sitzen. Leider sind es immer noch zu wenige.
Ein weiterer Punkt ist, dass entsprechende Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung gestellt werden müssen, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen haben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Kinderbetreuung darf kein Frauenthema sein. Es ist ein Familienthema, weil es Mutter UND Vater betrifft. Dennoch müssen wir der Realität ins Auge schauen. Der Großteil der Kinderbetreuung und der gesamten care-Arbeit bleibt nach wie vor bei Frauen hängen. Wenn wir daher wollen, dass auch Frauen die gleichen Chancen haben beruflich weiter zu kommen und entsprechend in Gremien repräsentiert werden, müssen wir flächendeckend, ganztägig und ganzjährig die Kinderbetreuung ausbauen.
6. Einkommensunterschiede beseitigen: Wie wollen Sie erreichen, dass die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern verschwinden? In Tirol klafft dieser Gender Pay Gap besonders weit auseinander.
Liste Mattle: Bei den Landesbediensteten wurden sämtliche Unterscheidungen aufgrund des Geschlechts mit dem neuen funktionsbezogenen Entgelt abgeschafft.
Wichtig wird es sein, Care-Berufe im Allgemeinen aufzuwerten. Nur wenn es gelingt, Berufe, die Frauen zugeordnet werden in Bezug auf Gehalt, Image und Karrierechancen, jenen Berufen, die Männern zugeordnet werden, anzugleichen, kann es zu einer wirklichen Gleichstellung kommen.
7. Armut bekämpfen: Was wollen Sie gegen die überdurchschnittliche Frauenarmut unternehmen?
Liste Mattle: Wir möchten neben den bereits bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten, wie zB dem Unterhaltsvorschuss und der steuerlichen Begünstigung bei Teilzeitbeschäftigung vor allem alleinerziehenden Müttern Unterstützungsmöglichkeiten anbieten, die ihnen finanzielle Erleichterungen verschaffen und gleichzeitig verhindern, dass sie im Alter der Altersarmut unterliegen. Weiters haben wir bereits einen Antrag auf automatisches Pensionssplitting gestellt. Frauen, die sich vornehmlich der Care-Arbeit in der Familie gewidmet haben, sollen auch vom Pensionsanspruch des Partners profitieren.
8. Arbeit fair teilen: Was haben Sie vor, um die Ungleichhit der Verteilung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit zu beseitigen? Die aktuelle Verteilung ist einer der Gründe für die mangelnde Absicherung von Frauen*.
Liste Mattle: Je gebildeter und selbstbewusster Frauen werden, desto eher wird sichergestellt, dass die Erwerbsarbeit und die Sorgearbeit besser aufgeteilt werden. Wenn Frauen die Möglichkeit haben, gleich wie jeder Mann einer Beschäftigung nachzugehen und diese Beschäftigung auch entsprechend entlohnt wird, wird es auch hier ein Umdenken geben und auch die Sorgearbeit wird sich neu verteilen.
9. Wahlfreiheit ermöglichen: Wird es mit Ihnen einen flächendeckenden und mit einer Vollerwerbstätigkeit vereinbaren Ausbau von Kinderbetreuung geben? Damit alle Eltern, die es wollen, einen adäquaten Kintergarten- bzw. -krippenplatz finden?
Liste Mattle: Ja, mit uns wird es einen Rechtsanspruch auf ganztägige, ganzjährige und leistbare Kinderbetreuung geben. Was hier aber beachtet werden muss ist, dass um dieses Vorhaben umsetzen zu können, erst die Elementarpädagoginnen zur Verfügung stehen müssen. Dafür müssen wir neue Ausbildungsstätten in Form von berufsbegleitenden Kollegs anbieten. Außerdem müssen genügend Mittel von Bund, Land und Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, damit die entsprechende Infrastruktur errichtet werden kann. Zusätzlich muss ein Umdenken in den Gemeinden stattfinden. Es muss auch möglich sein, dass Kinder in anderen Gemeinden, als jener in der sie wohnen, eine Betreuungseinrichtung besuchen. Vorhandene Ressourcen können somit besser genutzt werden. Auch kann das zu einer Erleichterung für die Eltern führen, wenn Kinder an jenem Ort, an dem sie arbeiten, betreut werden können.
10. Vielfalt leben: Was wollen Sie dagegen unternehmen, dass Frauen* und Männer* in Medien- und Kulturprodukten auf klischeehafte und sexistische Weise dargestellt werden?
Liste Mattle: Das ist ein sehr schwieriges und sehr weitreichendes Thema. Was aber jedenfalls gemacht werden muss.
- Beschwerdestelle: werden solche Fehlgriffe erkannt, muss es eine Beschwerdestelle geben, die sich der Beschwerde annimmt und darum kümmert.
- Die Politik muss Haltung zeigen und sich klar gegen sexistische Darstellungen von Frauen und Männern bekennen
- Aufklärungskampagnen müssen durchgeführt werden
- Erstellen einer ExpertInnendatenbank. Damit soll gewährleistet werden, dass zu spezifischen Themen Frauen und Männer geladen werden können.
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