Sexarbeit als transnationale Zone der Prekarität

Migrantische Sexarbeiter_innen im Spannungsfeld von Gewalterfahrungen und Handlungskapazitäten

Vortrag von Maritza Le Breton mit anschließender Diskussion

Mittwoch, 29. April 2015, 19:00 Uhr
Öffentliche aep-Frauenbibliothek, Schöpfstraße 19, Innsbruck

Maritza Le Breton: "Sexarbeit als transnationale Zone der Prekarität"Im Zuge globaler Entgrenzung und neuer Grenzziehungen im Kontext internationaler  Mobilität sowie zunehmender Transnationalisierung von (Arbeits-)Märkten lässt sich in einigen westeuropäischen Ländern, so beispielsweise in der Schweiz und Österreich, eine gesteigerte Ausbreitung des Sexgewerbes feststellen.

Als Folge davon und angesichts der zunehmenden Feminisierung der Migration arbeiten hierbei mehrheitlich Migrantinnen aus so genannten Drittstaaten und osteuropäischen Ländern mit oder ohne legalen Aufenthaltsstatus im Sexgewerbe. Ihre Lebenswelt ist je nach Aufenthalts- und sozialem Status durch verschiedene Verhältnisse charakterisiert. Obwohl Gewalt gegen Frauen und spezifisch Gewalt im sozialen Nahraum in den vergangenen zwei Jahrzehnten enttabuisiert wurde, ist das Phänomen der Gewalt gegen Sexarbeiter_innen mit Migrationserfahrung in seiner Komplexität bisher lediglich in Ansätzen erfasst worden. Die Tendenz steigender abolitionistischer Bestrebungen – wie sie beispielsweise in Schweden politisch vorherrschend sind – zielen auf ein Verbot von Prostitution mit der Begründung, dass es sich dabei um eine schwere Form der Verletzung von Menschenwürde, bezahlte Vergewaltigung und Degradierung aller Frauen zur Ware handeln würde.
Sexarbeit ist ein vielschichtiges und heterogenes Handlungs- und Wissensfeld, welches zugleich von vielfältigen Ambivalenzen und moralischen Imperativen im Alltag und in der Wissenschaft durchzogen ist. So wird Sexarbeit einerseits als Ausbeutung, Sexsklaverei, Menschen- und Frauenhandel und andererseits als legitime Arbeit bzw. als bezahlte sexuelle Dienstleistung verstanden. In diesen Metaphern und Diskursen kommen Sexarbeiter_innen selber kaum zu Wort. Es wird in der Regel über sie gesprochen und ihnen meist jegliche Selbstbestimmung negiert. Die hegemonialen Debatten verzerren reale Verhältnisse und blenden die strukturellen Bedingungen aus, die dazu führen, dass nach wie vor überwiegend Frauen bzw. Migrantinnen in die Sexarbeit einsteigen.
In diesem Vortrag wird Dr.in phil. Maritza Le Breton − Autorin der Studie „Sexarbeit als transnationale Zone der Prekarität“ − die Lebens- und Arbeitskonstellationen der befragten Sexarbeiter_innen beleuchten und dabei Gewalterfahrungen und Handlungskapazitäten veranschaulichen.

Maritza Le Breton, Dr.in phil., ist Professorin für Soziale Arbeit an der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz am Standort Olten. Sie befasst sich seit vielen Jahren mit Geschlechter- und Migrationsforschung und ist u.a. Autorin der Studie „Sexarbeit als transnationale Zone der Prekarität − Migrierende Sexarbeiterinnen im Spannungsfeld von Gewalterfahrungen und Handlungsoptionen“ (VS Verlag für Sozialwissenschaften).

Eine Veranstaltung von Ibus – aep.